Auf der Jagd – Wem gehört die Natur?
D 2016
FSK: ab 6 Jahren
Länge: ca. 96 Min.
Vertrieb: NFP
Filmzine-Review vom 12.10.2018
Der Jäger hat ein Imageproblem. Die deutsche Dokumentation Auf der Jagd – Wem gehört die Natur? betreibt Aufklärungsarbeit über diese etwas eigentümliche Zunft, die vielen von uns doch eher fremd sein dürfte.
Klar ist, unsere Wälder sind längst nicht mehr die unberührte Natur, für die man sie allgemeinhin halten könnte. Überall wird künstlich aufgeforstet, gepflanzt, gerodet, gewirtschaftet – ganze 90% unserer Wälder sind sogenannter Nutzwald. So entstehen zum Beispiel Schutzwälder, die Ortschaften oder Bundesstraßen vor Lawinenabgängen und Steinschlag bewahren sollen. Diese Art Wälder will man vor übermäßigen Fresschäden schützen. Anhand penibler Baumzählungen und statistischer Erfassung der angeknabberten Jungtriebe werden Abschussquoten pro Tierart für jedes Revier festgelegt, die der zuständige Jäger zu erfüllen hat. Befindet sich im Revier gar nicht so viel Wild, wie geschossen werden muss (ist die Quote also unrealistisch, weil sie anhand der beliebtesten Aufenthaltsstellen auf das ganze Gebiet hochgerechnet wird) oder hat womöglich ein Wolf das Rotwild drei Reviere weitergetrieben – Pech für den Jäger: wer seine Quote nicht erfüllt, muss Strafe zahlen. Dies führt zu Missständen, die sich offenbar besonders bei Gämsen bemerkbar machen, hier werden vielerorts viel zu junge Tiere erlegt, so dass Wildschützer und auch einige Jäger um das Fortbestehen einzelner Populationen fürchten.
Im bayerischen Waldgesetz ist der Grundsatz „Wald vor Wild“ festgeschrieben, der Amtsschimmel entscheidet am Schreibtisch, was wo wie scharf bejagt werden muss. Wenn nun aber die Jäger nur ihre Pflicht tun und Mensch und Siedlungen vor Naturkatastrophen bewahren und die Wildpopulationen dem dezimierten Lebensraum anpassen müssen, den wir ihnen noch übrig gelassen haben, was soll dann diese Aufgeilerei an Jagdtrophäen, an der Enden-Zählerei der Hirschgeweihe, wozu die Selbstbeweihräucherung, das prahlerische Präsentieren der eigenen Ausbeute?
Nun kann man natürlich nicht mit einem Schnitzel vor dem Fernseher hocken und auf die Jäger schimpfen. Den 1,2 Millionen erjagten Rehen pro Jahr, über die wir uns so erzürnen, stehen knapp 60 Millionen Schweine und 600 Millionen Masthühner gegenüber, die allein in Deutschland jedes Jahr geschlachtet werden. Die Biomarkt-Ausrede vom „schönen Leben“, das das Tier angeblich gehabt haben soll, stimmt beim Wild zumindest.
Ein schaler Beigeschmack bleibt, es ist ein so hinterlistiger, ungleicher Kampf. Es greift das Bambi-Prinzip, man steht auf der Seite des unschuldigen Rehs. Und wenn einer der Jäger von dem genetisch verankerten Jagdtrieb spricht, der dem Menschen innewohnt, möchte man ihm seinen Gamsbarthut gerne quer ins Gesicht drücken.
Blu-ray Extras:
- Wild-Galerie (8 min)
- Trailer zum Film
- Wendecover
Ninas Filmwertung
Imagefilm für Jäger mit sparsamen Kommentar, der genug Raum für eigene Gedanken lässt.
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Leserwertung
Trailer
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