Kaltes Blut – Auf den Spuren von Truman Capote

© Warner

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Kaltes Blut – Auf den Spuren von Truman Capote

Infamous

USA 2006

FSK: ab 16 Jahren

Länge: ca. 113 Min.

Studio: Warner Bros.

Vertrieb: Warner

Filmzine-Review vom 07.01.2008

In dem kleinen Südstaatennest Holcomb wird die Farmerfamilie Clutter in ihrem eigenen Haus brutal ermordet. Die Greueltat erregt die Aufmerksamkeit von Schriftsteller Truman Capote (Toby Jones), der für das Magazin The New Yorker über den Vorfall berichten will. Vor Ort in der Provinz wird ihm schnell klar, dass die Geschichte weitaus mehr Potential birgt: er will sie zum Thema seines nächsten Buches machen. Die Einwohner der Kleinstadt sowie die inzwischen gefassten Mörder sollen ihm dabei wertvolle Hintergrundinfos liefern…

Regisseur Douglas McGrath hatte das Pech, dass er Kaltes Blut zur gleichen Zeit produzieren ließ wie Bennett Miller seinen Capote (Oscar für Philip Seymour Hoffman). Er verschob den Kinostart um ein Jahr, um etwas Abstand zum Doppelgänger zu gewinnen, doch kaum ein Zuschauer wollte in so kurzer Zeit die exakt gleiche Geschichte noch einmal sehen, zumal Capote im Prinzip keine Wünsche offen ließ. Gerade mal 1 Million US-Dollar spielte der Arthouse-Film mit der illustren Besetzungsliste ein (angeblich verschlang Gwyneth Paltrows 5-Minuten-Auftritt schon über 3 Millionen) und schaffte es in Deutschland noch nicht einmal in die Kinos. Jede Besprechung des Films endet daher zwangsläufig in einem Vergleich der beiden Biopics.

McGrath konzentriert sich in seiner oft humorvollen Interpretation noch mehr auf das ambivalente Verhältnis von Capote zu dem Killer Perry Smith (Daniel Craig), um den zwiespältigen Charakter des Schriftstellers hervorzuheben. Toby Jones spielt den extravaganten Autor ebenso überzeugend und hingebungsvoll wie Hoffman, jedoch ist Catherine Keener zweifelsohne die interessantere Harper Lee, Sandra Bullock fehlt der gewisse Biss, sie geht leider komplett in der verhärmten Strickjäckchen-Spießigkeit ihrer Figur unter. Der einzige Vorwurf, den man McGrath machen kann (oder sogar muss?) ist die Einstreuung von „Interviews“, in denen sich Capotes Bekannte und Kollegen (mit unbeholfenem, abwechselndem Blick in die Kamera und zum unsichtbaren Interviewpartner) über das Verhalten des Exzentrikers äußern und eigene Interpretation und Mutmaßungen anstellen und dem Zuschauer somit das Mitdenken abnehmen. Diese Elemente fügen sich nur schlecht in den Film ein, da völlig unklar bleibt, wer diese Interviews überhaupt warum führt.

Der Regisseur und Drehbuchautor steuert einen überaus informativen Audiokommentar bei, in dem er zahlreiche interessante Fakten und Anekdoten über den Schriftsteller preisgibt sowie einen Einblick in sein Leben nach den im Film gezeigten Ereignissen gewährt. Die Leidenschaft, mit der er sein Biopic recherchiert hat, und die Faszination, die für ihn von der Figur Capotes ausgeht, wirken ansteckend und diese Tatsache macht das Fehlen weiterer Extras mühelos wieder wett.

 

Ninas Filmwertung

Zu Unrecht übergangene und ebenso sehenswerte Verfilmung der ‚Truman Show‘ wie der große Bruder Capote.

Nina

Nina

Synchronisationsverweigerin. Steht auf Klassiker und hat eine Schwäche für Hitchcock, James Stewart und Cary Grant. Bevorzugt Independent-Kino und visuell aus dem Rahmen fallende Filme à la Tim Burton oder Wes Anderson.

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