Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit
Still Life
GB 2013
FSK: ab 12 Jahren
Länge: ca. 88 Min.
Studio: Redwave Films
Vertrieb: good!movies
Filmzine-Review vom 16.02.2015
In der Kommunalverwaltung eines Londoner Randbezirks kümmert sich John May (Eddie Marsan) seit 22 Jahren um die Bestattungen von Verstorbenen ohne Angehörige. In den Wohnungen sucht er nach Hinweisen auf eventuell zu benachrichtigende Personen – wenn er nichts findet, nutzt er ein paar Anhaltspunkte, um eine kleine Trauerrede für die Beerdigung zu schreiben, bei der er der einzige Anwesende ist. Die Fotos der Verstorbenen klebt er zu Hause sorgsam in ein Fotoalbum ein. Als er seinen Arbeitsplatz einer effizienteren Mitarbeiterin überlassen muss, bleiben ihm für seinen letzten Fall noch 3 Tage. Für die Bestattung von Billy Stoke will er sich noch einmal richtig ins Zeug legen…
Mr. May ist ein Bilderbuch-Bürokrat und ein Gewohnheitsmensch sondergleichen, alles verläuft in geregelten Bahnen, nichts wird dem Zufall überlassen. Grau-blau und etwas entsättigt ist seine Welt. Die Farbgebung und die aufgeräumt-ordentlichen Kameraeinstellungen und wohlüberlegten Perspektiven in Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit lassen einen die Welt durch die Augen des Protagonisten sehen. Seine eigene Einsamkeit wird in jedem Moment und mit jedem Handeln deutlich. Doch er scheint nicht besonders traurig darüber zu sein. Vielmehr ist es ihm eine Erfüllung, anderen Einsamen das letzte Geleit zu geben, ihnen Würde zuteil werden zu lassen, ihnen auf seine Weise ein kleines bisschen Ehre zu erweisen. Angesichts seines Jobverlusts wächst er für seinen letzten Fall über sich hinaus, macht Freunde, Bekannte und letztendlich auch Angehörige eines versoffenen Kriegsveteranen ausfindig, der im Nachbarhaus wohnte. Mit jedem Fortschritt, den er in dieser Sache erzielt, werden auch die Farben kräftiger und die Kameraführung lockerer. Eddie Marsan setzt hier winzigste Feinheiten ein – der Hauch eines Lächelns, ein kleines Zucken der Augenbraue – und sagt damit mehr als tausend Worte. Einen konträreren Charakter zu dem cholerischen Fahrlehrer, den er in Happy Go Lucky mimte, kann es nicht geben. Das Ende dieses fein beobachteten Dramas sei an hier natürlich nicht verraten – doch es kommt überraschend und mit voller Wucht.
Die Originaltonspur verteilt sich merkwürdig blechern auf alle Kanäle, in der deutschen Synchro fällt der Hall nicht so sehr auf. Positiv zu erwähnen ist das schön gestaltete 12-seitige Booklet, in dem auf die Entstehung des Films, die Thematik und die Beteiligten eingegangen wird.
Ninas Filmwertung
Stilles, berührendes Drama um einen farblosen Bürokraten, der über sich hinaus wächst.
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Leserwertung
Cast & Crew
Schauspieler: Andrew Buchan, Eddie Marsan, Joanne Froggatt
Musik: Rachel Portman
Produzent(en): Christopher Simon, Felix Vossen, Uberto Pasolini