Kindkind
P’tit QuinQuin
FR 2014
FSK: ab 12 Jahren
Länge: ca. 200 Min.
Studio: 3B Productions, Arte France
Vertrieb: Universal
Filmzine-Review vom 27.10.2015
Ein verschlafenes Provinznest an der flandrischen Küste Frankreichs. Nachdem in einer toten Kuh, die aus einem der vielen Nazibunker geborgen wurde, die Leichenteile einer Dorfbewohnerin gefunden werden, häufen sich merkwürdige Todesfälle. Commandant Van der Weyden und sein Handlanger Lieutenant Carpentier ermitteln in alle Richtungen, doch die völlig überfordeten Polizisten kommen nicht an die Dorfbewohner heran. Kindkind und seine Freundin Eve verfolgen den Aufruhr in ihrem langweiligen Örtchen mit großem Interesse…
Das altmodische Wort Quinquin stammt aus dem Sprachgebrauch der „Sch’tis“, die seit Danny Boons Komödie ja auch bei uns ein Begriff sind, und bedeutet „kleiner Junge“. Da der Nasallaut vielen Deutschen nicht leicht über die Lippen geht (siehe das bei unterbelichteten C-Promis so beliebte „Son Tropez“), hat man sich womöglich einer Übersetzung bedient – wobei mit „Kindkind“ dann eine etwas fragwürdige Wahl getroffen wurde. Kindkind jedenfalls ist in der von Arte mitproduzierten Miniserie der Name eines kleinen Rackers mit Hasenscharte und Hörgerät. Damit fällt er auf Anhieb aus dem Raster der üblichen Traumkinder, die einem in Film und Fernsehen so gerne vorgesetzt werden. Und doch ist er bei weitem nicht die skurrilste Figur, die der für seine Eigenwilligkeit bekannte Regisseur Bruno Dumont auftreten lässt, denn so ganz normal ist hier eigentlich niemand. Dumont geht in vielen Szenen bis an die Schmerzgrenze, nichts ist ihm heilig. Man mag kaum hinsehen, wie ein Trauergottesdienst zur Farce verkommt, weil ein Teenager mit The Voice of France-Allüren ein absolut unpassendes Ständchen singt, weil die Ministranten während ihrer Predigt Lachanfälle bekommen und weil der Organist einfach nicht aufhören will zu spielen. Ähnlich schmerzhaft-bizarr wird es auch, als der Tourette-geplagte Kommissar Kindkinds geistig behinderten Onkel verhört und sein zweizahniger Kollege wie immer dumm aus der Wäsche guckend daneben steht. Dass all dies aber nie lächerlich oder herabwürdigend sondern im Gegenteil absolut menschlich, irgendwie liebenswert – und natürlich zum Schreien komisch wirkt, ist Dumonts großes Kunststück. Vorzugsweise arbeitet der Regisseur mit Laiendarstellern, wobei er mit Bernard Pruvost das große Los gezogen hat. Die Ticks und Zuckungen des Kommissars machen ihn zu einer bedauernswerten Figur, er sieht die Gesellschaft vor die Hunde gehen, er sieht das Böse, den Teufel – und steht alldem machtlos gegenüber. Es steckt ein bisschen Lars von Trier, ein bisschen Roy Andersson, ein bisschen Das weiße Band und ein bisschen Twin Peaks in dieser Serie, deren Panoptikum an Protagonisten sie aus der Masse hervorhebt.
Extras sind nicht mit an Bord, und angesichts des größtenteils wirklich unverständlichen Dialekts ist es um so bedauerlicher, dass die deutschen Untertitel nicht funktionieren. Die deutsche Synchro ist glücklicherweise recht gut gelungen.
Folgen
Episode 1 – Die Bestie Mensch
Episode 2 – Im Herz des Bösen
Episode 3 – Der Teufel in Person
Episode 4 – Allah Akbar
Ninas Filmwertung
Skurrile und schwarzhumorige Miniserie aus Frankreich, die mit allen Konventionen bricht.
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Leserwertung
Trailer
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Cast & Crew
Schauspieler: Alane Delhaye, Bernard Pruvost, Lucy Caron, Philippe Jore, Stéphane Boutillier
Produzent(en): Jean Bréhat, Muriel Merlin, Rachid Bouchareb