
© Alamode Filmdistribution
Capernaum – Stadt der Hoffnung
Capharnaüm
Libanon 2018
FSK: ab 12 Jahren
Länge: ca. 126 Min.
Vertrieb: Alamode Filmdistribution
Filmzine-Review vom 25.05.2019
Der 12-jährige Zain wächst in den Slums von Beirut mit unzähligen Geschwistern auf, der Familie fehlt es am Nötigsten, Gewalt ist an der Tagesordnung. Als seine Lieblingsschwester Sahar mit 11 Jahren zwangsverheiratet wird, hat er die Faxen endgültig dicke und haut ab. Er findet bei einer Äthiopierin Unterschlupf, die ihn bei sich wohnen lässt, wenn er auf ihren kleinen Yonas aufpasst, während sie arbeitet. Doch dann kommt Rahil eines Tages nicht mehr nach Hause und Zain muss plötzlich ein fremdes Baby versorgen…
Mit Capernaum – Stadt der Hoffnung hat die libanesische Regisseurin Nadine Labaki einen starken und bewegenden Oscar-Kandidaten ins Rennen um die Trophäe in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film geschickt, der sich letztendlich nicht gegen Cuaróns Roma durchsetzen konnte. Dabei steht Capernaum dem Gewinner erzählerisch in nichts nach. Die tragische Geschichte von Zain, die beispielhaft für das Leben so vieler in Armut aufwachsender Kinder in Beirut steht, ist eingebettet in eine Gerichtsverhandlung: Zain verklagt seine Eltern, dass sie ihn auf die Welt gebracht haben, obwohl sie nicht für ihn sorgen können. Was im ersten Moment nach einer absurden Schnapsidee klingt, wird durch die fast schon dokumentarische Darstellung von Zains Alltag nachvollziehbar und plausibel. Die Kinder gehen nicht zur Schule, müssen mit typischen Straßenkinder-Jobs die Familie ernähren. Sie sind nicht bei den Behörden gemeldet, haben keine Papiere und keinen Geburtstag, weil es ihren Eltern egal ist, wann sie geboren wurden. Es wird geflucht, geschlagen, gedemütigt, und für zwei Hühner wechselt die Tochter den „Besitzer“.
Mit ihrer Entscheidung, ausschließlich Laiendarsteller aus vergleichbaren Lebensumständen zu besetzen, hat Labaki die richtige Wahl getroffen – die Grenzen zwischen Film und Realität verschwimmen. Kein Kinderdarsteller aus halbwegs geordneten Verhältnissen wäre in der Lage, sich in das Elend hineinzuversetzen, das selbst das (westliche) Vorstellungsvermögen von Erwachsenen übersteigt. Zain übernimmt mehr Verantwortung für sich selbst und seine Mitmenschen als alle Erwachsenen um ihn herum. Er trotzt allen Widrigkeiten, durch nichts lässt er sich unterkriegen. Doch es gibt auch rührende und sogar lustige Momente, die vor allem aus der Interaktion von Zain mit dem kleinen Yonas entstehen, den er in einem verbeulten Kochtopf auf Rädern hinter sich herzieht. Die letzte Einstellung ist dann die schönste und traurigste zugleich: Zain muss für ein Passfoto lächeln – zum ersten Mal nach 120 Filmminuten.
Blu-ray Extras:
- Interview mit Regisseurin Nadine Labaki (17 min)
- Making of (12 min)
- Dt. Trailer zum Film
- Trailer zu 5 weiteren Titeln
- Wendecover
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Leserwertung
Trailer
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