Ist das Leben nicht schön?
It’s a Wonderful Life
USA 1946
FSK: ohne Altersbegrenzung
Länge: ca. 130 Min.
Studio: Liberty Films
Vertrieb: Arthaus | Studiocanal
Filmzine-Review vom 24.12.2013
George Bailey (James Stewart) wächst im beschaulichen Bedford Falls auf. Seit seiner Kindheit träumt er davon, die Welt zu bereisen und das Kaff hinter sich zu lassen. Nach dem Tod seines Vaters droht dessen Bank, mit deren Hilfe sich die weniger Begüterten in Bedford Falls ihr Eigenheim leisten konnten, vom habgierigen Mister Potter (Lionel Barrymore) übernommen zu werden. Um dies zu verhindern, stellt George zähneknirschend seine persönlichen Pläne hintenan und rettet die Bank. Doch die Bankenkrise und das Missgeschick eines Mitarbeiters setzen ihm und dem Geschäft so schwer zu, dass er am Weihnachtsabend keinen anderen Ausweg sieht, als sich von einer Brücke zu stürzen. Doch da kommt ihm der Engel Clarence (Henry Travers) dazwischen: als Engel zweiter Klasse muss er sich erst noch seine Flügel verdienen. Und zu diesem Zweck zeigt er George, wie es in Bedford Falls aussähe, wenn George nie geboren wäre…
Fans von Ist das Leben nicht schön müssen vielleicht schon bei der Inhaltsangabe gegen einen dicken Kloß im Hals kämpfen (Rezensentin eingeschlossen). Wie kann man einem Film mit Worten gerecht werden, dessen Zauber sich nicht in Worte fassen lässt, der nicht nur das Herz sondern auch die Seele berührt und in dem man sich auf wunderbare Weise „zu Hause“ fühlt?
Regisseur Frank Capra machte sich in den 30ern mit seinen „Kleiner-Mann-ganz-groß“-Filmen wie Mr. Smith goes to Washington (ebenfalls mit Jimmy Stewart) einen Namen und war mit seiner Art von Filmen so einflussreich, dass er ein eigenes Adjektiv bekam: „capraesque“ – wer kann das schon von sich behaupten? Sowohl er als auch Stewart bezeichnen It’s a Wonderful Life, den die beiden 1946 nach ihrer Rückkehr aus dem Krieg zusammen drehten, als ihren Lieblingsfilm – dabei war ihnen damals gar kein so großer Erfolg beschert. Erst Jahrzehnte später avancierte die rührende Geschichte des herzensguten George Bailey, dem so viel Unrecht widerfährt, aber dessen Leben so viele andere berührt hat und ohne den Bedford Falls und seine Einwohner so viel schlechter dran wären, zum ultimativen Weihnachtsfilm. Es ist einer der Filme, die man sich immer und immer wieder ansehen kann, die einem mit jedem Mal vertrauter werden und weiter ans Herz wachsen. Bis heute hat die Tragikkomödie nichts von ihrem Charme, ihrer unschuldigen Naivität und vor allem ihrem Humor verloren. Es gibt so viele bemerkenswerte Szenen, die für sich genommen kleine Klassiker sind: der Charleston-Tanz in der Turnhalle, der in einem unfreiwilligen Bad im Swimming Pool endet – das gemeinsame Telefonat von George und Mary, das zum ersten Kuss führt – oder die ergreifende Rückblende, in der Apotheker Gower nach einer schlimmen Nachricht so durcheinander ist, dass er einer Kundin Gift in die Pillen mischt und ein junger George das Missgeschick rechtzeitig bemerkt.
Auf die Frage, worum es in diesem Film geht, lautet die Antwort meist: „Ein Engel zeigt einem lebensmüden Mann, wie die Welt ohne ihn aussähe“ – tatsächlich taucht Engel Clarence (übrigens ein völlig kitschfreier alter Mann im Nachthemd) erst im letzten Viertel des Films auf. Im Wesentlichen erzählt Capra Georges Lebensgeschichte, und Jimmy Stewart geht in dieser vielschichtigen Figur, die oft in den selbstauferlegten Zwängen des guten Anstands gefangen scheint, richtig auf. Bei den Oscars verlor Capra in allen großen Kategorien gegen das Kriegsheimkehrerdrama Die besten Jahre unseres Lebens. Der Ruhm kam wie bereits erwähnt erst später: It’s a Wonderful Life ist in der US-Nationalbibliothek als Kulturgut registriert, das amerikanische Filminstitut ernannte ihn zum „most inspiring film of all times“ und es ist der einzige Film, der seit 1969 wirklich jährlich im US-Fernsehen gezeigt wird.
Für das deutsche Publikum ist nun endlich auch der Sprung auf Blu-ray geschafft. Der geringe Preis und die Tatsache, dass der Film Jahr um Jahr in den unerreichbaren Untiefen des Nachtprogramms der Öffentlich-Rechtlichen vergraben wird, verrät, wie unbekannt und unterschätzt dieses Juwel hierzulande ist. In den 80ern wurden zwei nachcolorisierte Fassungen des Films erstellt; weder Capra noch Stewart mochten das Ergebnis. 2007 gab es dann eine mit neuester Technik erstellte dritte Farbfassung, die alternativ auf der Blu-ray enthalten ist. Diese ist zwar nicht völlig unerträglich, fühlt sich aber irgendwie „falsch“ an und ist eigentlich komplett überflüssig. Das Schwarz-Weiß-Bild ist von umwerfender Qualität. Die im englischsprachigen Raum erhältliche 60th Anniversary Edition DVD enthielt ein rund 20-minütiges Feature aus den 80ern, in dem man erfuhr, dass der Weihnachtsfilm tatsächlich während eines Rekordsommers gedreht wurde. Dass dies oder eine aktuellere Retrospektive (sicherlich hätte der ein oder andere Filmschaffende mehr als ein Sätzchen zu diesem Werk zu sagen) es nicht auf den Release geschafft haben, ist bedauerlich. Der Kurz-Stummfilm „Ist das Leben nicht schrecklich“, in dem auch ein gewisser Oliver Hardy mitwirkt, ist dennoch sehenswert.
Ninas Filmwertung
Der ultimative Weihnachtsfilm – ein Wunder von einem Film, dem man mit Worten nicht gerecht werden kann.
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Leserwertung
Cast & Crew
Schauspieler: Donna Reed, Henry Travers, James Stewart, Lionel Barrymore
Produzent(en): Frank Capra