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Sieben Kontinente – Ein Planet

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Sieben Kontinente – Ein Planet

Seven Worlds, One Planet

2019

FSK: ab 0 Jahren

Länge: ca. 350 Min.

Vertrieb: Polyband

Filmzine-Review vom 05.03.2020

Sieben Kontinente – Ein Planet ist – wie sollte man es von der BBC auch anders erwarten – eine weitere Naturdoku der Superlative geworden. Immer wieder gelingt es den Machern, neue Maßstäbe zu setzen. Und wenn man denkt, man hätte schon alles gesehen, wird man mit jedem Kapitel eines Besseren belehrt. Zu einem großen Teil ist dies der Technik geschuldet: Die ultrahochauflösenden Kameras filmen jetzt sage und schreibe in 8K. Drohnen sorgen für einmalige und immer neue Perspektiven. Mal ist man mittendrin und sitzt mit im Nest des Wanderalbatros, kann förmlich den fauligen Atem aus den weit aufgerissenen Mäulern der See-Elefanten riechen und wird Teil des Gruppenkuschelns der Stumpfnasenaffen. Mal eröffnen sich faszinierende Überblicke aus der Luft – auf die größte jemals gefilmte Ansammlung von Großwalen in der Antarktis oder auf das erstaunliche Jagdverhalten hunderter, wenn nicht tausender Haie auf riesige Fischschwärme vor der Westküste Australiens. In einer der wohl schönsten Sequenzen der Serie begleiten wir den Flug eines leuchtend roten Aras durch den Amazonas-Regenwald.

Antarktis: Im (vielleicht bald nicht mehr) ewigen Eis herrschen unwirtliche Bedingungen. Verlassene Walfangstationen zeugen von einem düsteren Kapitel des letzten Jahrhunderts. Zwischen 1904 und 1965 wurden allein in der Antarktis 1,5 Millionen Wale getötet, einige Arten waren nahezu ausgerottet. Wo neugeborene Robben bitterkalten Schneestürmen trotzen und verschlagene, vernarbte See-Elefanten ihre Reviere und ihren Harem gegen Rivalen verteidigen, fordert der Klimawandel große Opfer unter den Albatrossen. Die immer heftigeren Stürme pusten die Küken von ihren Nestern, während die Eltern auf Futtersuche sind. Einmal heruntergefallen, werden sie von den Eltern nicht mehr erkannt. Es ist herzzerreißend mit anzusehen, wie ein völlig unterkühltes und hilfloses Küken beinahe direkt neben dem Nest verendet. In den letzten 15 Jahren hat sich der Albatros-Bestand bereits halbiert – die Vögel mit der größten Flügelspannweite der Welt sind nun vom Aussterben bedroht.

Asien: Die Temperaturen auf dem Kontinent der Extreme reichen von -60 °C am Polarkreis bis zu +70 °C in der Lut-Wüste im Iran. Wenn die Nordküste eisfrei ist, versammeln sich hier um die 100.000 Walrosse – fast die gesamte Weltpopulation. Aus der Luft sieht es aus, als hätte man einen Eimer Kakerlaken auf den Strand gekippt. Erst in diesem Jahrtausend entdeckt wurde die Spinnenschwanzviper in der iranischen Wüste. Die gut getarnte Schlange bewegt ihr verzweigtes Schwanzende, das aussieht wie eine krabbelnde Spinne, vor ihrem Maul hin und her und fängt auf diese Weise Vögel, die auf die Scharade hereinfallen. Traurige Aussichten für Indonesiens Tierwelt: Wilderei und die Zerstörung des Lebensraumes – hauptsächlich für Palmöl-Plantagen – haben dazu geführt, dass Orang-Utan und Sumatra-Nashorn vom Aussterben bedroht sind.

Südamerika: Der vom Amazonas-Regenwald und den Anden dominierte Kontinent ist der artenreichste des Planeten. Hier begleiten wir Pinguine, die in einer meterdicken Exkrementschicht brüten, bei ihrem Spießrutenlauf durch eine Seelöwenkolonie bis ins Meer. Im Nationalpark Canaima bilden zerklüftete Tafelberge und zahlreiche Wasserfälle eine atemberaubende Kulisse – der Salto Ángel ist mit einer Sturzhöhe von fast 1 Kilometer der höchste Wasserfall der Welt. Abseits dieses Paradieses hat der ökologische Countdown längst begonnen. 200.000 Tierarten sind vom Aussterben bedroht. Für Rinderhaltung und Sojaanbau (als Futtermittel in der Fleischproduktion) wird unaufhörlich Regenwald gerodet – alle 5 Sekunden verschwindet eine Fläche von der Größe eines Fußballfeldes.

Australien: Die verheerenden Waldbrände auf dem Inselkontinent haben wochenlang für traurige Schlagzeilen gesorgt. Die Bilder sind einem bei dieser Folge zwangsläufig präsent, auch wenn die Aufnahmen vor der Katastrophe entstanden. Auf dem abgeschotteten Kontinent hat sich eine einzigartige Tierwelt entwickelt: Zwei Meter große Helmkasuare, die dinosaurierähnliche Rufe ausstoßen, und Beuteltiere wie Koalas, Kängurus, Wombats und Tasmanische Teufel sind hier heimisch. Zugezogen sind die roten Flughunde, die im Flug ihre Bäuche kurz in den Fluss eintauchen, um anschließend das Wasser aus ihrem Fell zu trinken – ein Ritual, auf das die reaktionsschnellen Krokodile allabendlich lauern.

Europa: Der dicht besiedelte Kontinent wurde durch den Menschen komplett umgestaltet. Städte, Dörfer und landwirtschaftliche Nutzflächen prägen einen Großteil des Gebiets. Nur Richtung Polarkreis wird es ursprünglicher – hier tragen Moschusochsen in der kargen Tundra Norwegens ihre Rivalenkämpfe aus und Braunbären streifen durch Finnlands Wälder. Bis vor Kurzem war der Iberische Luchs noch akut vom Aussterben bedroht – weniger als 100 Raubkatzen zählte man Anfang der 2000er. Durch Schutzprogramme gelang es, den Bestand zu stabilisieren. Den Feldhamstern auf dem Wiener Zentralfriedhof geht es hingegen recht gut, sie profitieren von allem, was die Menschen auf den Gräbern hinterlassen… und kriegen sich dabei oft gehörig in die Haare. Die in Zeitlupe gezeigten Kloppereien sind ein eindeutiges Highlight!

Nordamerika: Atemberaubende Landschaften und saisonale Wetterextreme prägen den Kontinent. Wenn es im Winter auch in Floridas Gewässern kühl wird, suchen die Rundschwanzseekühe (Manatees) die heißen Quellen auf, um dort zu überwintern. Hunderte dieser sanften, friedlichen Meeressäuger, die mit den Elefanten verwandt sind, kommen dann zusammen. Nicht selten ist ihre dicke Haut überzogen von tiefen Narben, die Rotorblätter von Motorbooten hinterlassen haben. Am kanadischen Polarkreis haben die Eisbären inzwischen keine Eisschollen mehr, die sie für ihre Jagd auf Belugawale nutzen können. Sie sind auf Felsbrocken in Ufernähe ausgewichen und haben ihr Jagdverhalten an die neuen Bedingungen angepasst. Spektakuläre Aufnahmen einer Zeitrafferkamera mit Echtzeit-Bewegungserkennung zeigen den Tanz der Glühwürmchen in den Wäldern am Mississippi.

Afrika: Wüste, Regenwald und Savanne sind die Lebensräume der tierischen Protagonisten dieses Kontinents. Wir dürfen beim Werkzeug-Unterricht einer Schimpansenfamilie zuschauen – die Lektion heißt Nüsseknacken mit Steinen. In den Seen des Großen Afrikanischen Grabenbruchs leben Buntbarsche, die sich im Laufe der Jahrmillionen zu 1500 Unterarten weiterentwickelt haben. Das Gedränge in den Seen ist so groß, dass die Barsche ihre Eier im Schutz des eigenen Mauls ausbrüten. Diesen Umstand nutzen Kuckuckswelse aus, die den Barschen in bester Kuckucksmanier ihre Eier zum Ausbrüten unterjubeln. Die Episode endet mit dem Bild von vier bewaffneten Wildhütern, die eines der letzten Breitmaulnashörner bewachen.

Neben einem ausführlichen Begleit-Booklet ist auch das Bonusmaterial auf der letzten Disc sehenswert – insbesondere das 50-minütige Making of, das faszinierende Einblicke in die Arbeit der Tierfilmer bietet.

 

Blu-ray Extras:

    • Making of (51 min)
    • McMurdo: Tauchen unter dem antarktischen Eis (3 min)
    • Glühwürmchen: Hinter den Kulissen in einem verzauberten Wald (2 min)
    • Hochs und Tiefs der Naturfilmerei (6 min)
    • Fotogalerie
    • 4 Trailer zu anderen Dokumentationen
    • 22-seitiges Booklet
    • Pappschuber

 

Ninas Filmwertung

Nur in Superlativen zu beschreibende Dokumentation, die uns in immer wieder in Erinnerung ruft, dass unsere Erde eigentlich ein ziemlich cooler und schützenswerter Planet ist.

Nina

Nina

Synchronisationsverweigerin. Steht auf Klassiker und hat eine Schwäche für Hitchcock, James Stewart und Cary Grant. Bevorzugt Independent-Kino und visuell aus dem Rahmen fallende Filme à la Tim Burton oder Wes Anderson.

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